Sonntag, 3. März 2013

Sehenswert im Kino: 3096 Tage (Filmkritik)

Titel: 3096 Tage
Sub-Titel: Die wahre Geschichte der Natascha Kampusch
Original: 3096
Genre: Drama, Biografie



Regie: Sherry Hormann (Anleitung zum Unglücklichsein, Wüstenblume)
Drehbuch: Ruth Toma, Bernd Eichinger (Das Parfum, Der Untergang)
Produktion: Martin Moszkowicz
Musik: Martin Todsharow
Kamera: Michael Ballhaus

Darsteller:
  • Amelia Pidgeon (die 10-jährige Natascha Kampusch) aus England, 11 J.
  • Antonia Campbell-Hughes (die 14-jährige Natascha) aus Nordirland, 30 J.
  • Thure Lindhardt (Wolfgang Priklopil) aus Dänemark, 38 J.

Amelia Pidgeon als Natascha Kampusch


Drehort: München
Info: Der Film wurde in Englisch gedreht, mit internationalen Schauspielern und deutsch synchronisiert (nicht österreichisch!).
Land: USA 2012, FSK 16, Länge: 109 Min
Kinostart: 28.02.13

TRAILER



Handlung:

Die Österreicherin Natascha Kampusch ist 10 Jahre alt, als sie am 2. März 1998 auf dem Weg zur Schule auf offener Straße von dem arbeitslosen Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil in ein Lieferwagen gezerrt und entführt wird. 3096 Tage hält er sie in einem selbstgebauten Verlies im Keller seines Hauses gefangen. Am 23. August 2006, nach über acht Jahren, gelingt der mittlerweile 18jährigen Natascha aus eigener Kraft die Flucht und noch am selben Tag nimmt sich Wolfgang Priklopil das Leben. 

Zitat
"Es war klar, nur einer von uns würde überleben. Am Ende war ich es. Und nicht er!"

FEATURETTE



Meine Kritik:

Vorab
Ich habe das Buch, das mich tief bewegt hat, im Oktober/November 2012 gelesen. Als ich dann gehört habe, dass das Buch auch verfilmt wurde, war klar, dass ich mir den Film auch ansehen musste. 

Handlung
Der Film beginnt mit einer Szene, in der die ältere Natascha bei einem Skiurlaub die Chance bekommt auf sich aufmerksam zu machen, um der Entführung eine Ende zu setzen... Das hat mich etwas irritiert. Ich finde diese Anfangssequenz hätte man getrost weglassen können, denn sie taucht später im Film noch einmal auf.
Anschließend sieht man, wie die 8jährige Natascha mit ihrem Vater in einer Kneipe feiert. Am nächsten Morgen streitet sie sich noch mit ihrer Mutter und geht schließlich allein und traurig zur Schule. Das war dann auch schon die ganze Vorgeschichte!
Dann passiert es... Natascha wird entführt.
In der nächsten halben Stunde sieht man die junge Natascha, wie sie die erste Zeit in dem kleinen dunklen Kellerraum verbringen muss. Sie hat Heimweh und sucht deshalb Kontakt zu ihrem Entführer, bettelt oft verzweifelt um etwas zu essen und schreibt einen Brief an ihre Eltern, in der Hoffnung, dass der Entführer ihn auch abschickt… Doch er trichtert ihr ein, dass es niemanden gibt, der Interesse hat, dass sie freikommt bzw. freikauft wird. Dabei hat der psychopathische Entführer nie Lösegeldforderungen gestellt, was er aber verschweigt. Immer wenn sie nicht „gehorcht“ kommt es auch zu ersten Gewalttätigkeiten.
Es gibt eine herzzerreißend Szene, in der sie direkt in die Kamera schaut und um etwas zu Essen bettelt…  Grandios gespielt von Amelia Pidgeon - die bis dahin noch keine Schauspielerfahrung hatte!
Dann gibt es einen Zeitsprung von 4 Jahren! Das ist auch mein größter Kritikpunkt – hier hätte man vielleicht eine dritte Schauspielerin einsetzen sollen. Auch sonst gibt es viele Zeitsprünge. Da bietet das Buch deutlich mehr!
Die Rolle der älteren Natascha wird jetzt von Antonia Campbell-Hughes übernommen, bei der deutlich wird, wie abgemagert sie inzwischen ist. Sie möchte nicht mehr gehorchen, bekommt dafür aber die Quittung, in dem sie immer wieder brutal geschlagen und misshandelt wird. Sie darf inzwischen auch mal nach oben in die Wohnung, aber sie ist so eingeschüchtert, dass sie nicht fliehen kann. Das wird in dem Film auch gut umgesetzt und deutlich, denn viele Leute haben sich immer gefragt, warum sie nicht versucht hat zu fliehen. Sie muss harte Arbeit verrichten, darf aber auch mal mit in den Baumarkt. Sie feiert mit ihrem Entführer Weihnachten, wird dann aber auch vergewaltigt. Sie darf nicht mal ihren Namen behalten. Ihre ganze Identität wird ihr genommen.
Das erträgt man eigentlich nur, weil man weiß, dass es gut ausgeht. Der überwiegende Teil des Films handelt von der Beziehung Entführer – Opfer. Polizeiarbeit und Familie wird weitgehend ausgeblendet. Sicher wäre auch das interessant gewesen, aber in 109 Minuten wäre das sicher nicht umfassend umsetzbar gewesen.

Crew
Was gibt es noch zu sagen? Die Kameraführung (Michael Ballhaus) hat mir sehr gut gefallen, ebenso wie die Musik (Martin Todsharow), die nur sehr spärlich eingesetzt wurde und gut zum Film passte. 

Cast
Alle drei Schauspieler Amelia Pidgeon, Antonia Campbell-Hughes und auch Thure Lindhardt (als Wolfgang Priklopil) haben sehr authentisch und überzeugend gespielt. Da gibt es absolut nichts auszusetzen.

Fazit
Da ich das Buch gelesen habe, finde ich es auch gut, dass es einen Film dazu gibt, auch wenn der Film eigentlich nichts Neues liefert und im Gegenteil vieles weggelassen wird. Man hätte ja sonst auch etwas dazuerfinden müssen. In Natascha Kampuschs Buch wurde ja alle gesagt, abgesehen vom sexuellen Missbrauch, der dort ausgespart wurde und im Film in zwei Szenen dargestellt wurde. Insgesamt kommt der Film "harmloser" rüber als das Buch. Es war mit Sicherheit schlimmer, als es im Film gezeigt wurde. Es mag sein, dass ich den Film - so direkt nach dem ich ihn gesehen habe - zu gut bewerte, aber er ist nicht schlechter wie "The Impossible", dem ich auch 14 Punkte gegeben habe. Außerdem sollte man einen Film unabhängig vom Buch bewerten, in sofern sind meine größten Kritikpunkte entkräftet.

Meine Bewertung:  14 von 15 Punkten (Sehr sehenswert)

Links:
Offizielle Website: www.3096tage.de
Website: Natascha Kampusch
Facebook: 3096 Tage
Wikipedia: Natascha Kampusch, Entführung
Kritiken: n-tv, Spiegel.de
Video-Kritiken: DVDKritik, DieFilmfabrik
TV-Interview: Natascha Kampusch bei Günther Jauch  
Interview mit Sherry Hormann und Michael Ballhaus

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen